„Drei Nüsse für Aschenbrödel“ auf der Bühne

Nicht zu vergleichen

Zum Musical verarbeitet gastierte der Weihnachts-Kultfilm in der Metzinger Stadthalle

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel – ein Film, ohne den es für viele Menschen nicht richtig Weihnachten wird. Das 1973 in der Tschechoslowakei und der DDR produzierte Wintermärchen wird innig geliebt. Sowas macht erfahrungsgemäß all jenen das Leben schwer, die sich an demselben Stoff versuchen. Nun ist es trotzdem passiert: Ein Musical entstand, das im Sommer 2013 Premiere feierte und seit November mit dem Münchener Tourneetheater »a.gon« durch die Lande reist. Am Sonntagabend war das Ensemble zu Gast in Metzingen, die Stadthalle wurde nicht voll.

Vielleicht, weil in den vergangenen Wochen im Fernsehen kein Mangel an Aschenbrödels Liebesgeschichte geherrscht hat. Vielleicht auch, weil man eh ahnt, dass ein solcher Abend nicht funktioniert, wenn man das Bühnengeschehen mit der geliebten Filmversion vergleicht. Wer sich das Aschenbrödel-Musical anschaut, der sollte jedenfalls vorab Abschied nehmen von Liebgewonnenem. Vom Augenaufschlag der kleinen Eule Rosalie, von glitzernden Winterlandschaften, durch die herrlich geritten oder mit dem Schlitten gefahren wird, dass die Kristalle nur so stieben. Von der träumerischen Musik und der gesamten Tonart des Films.

Denn die Bühnenversion ist weitaus weniger romantisch und poetisch. Stattdessen hat sich das Autorenteam Mühe gegeben, die reichlichen Dialoge ins Hier und Heute zu hieven. Aschenbrödel denkt an ihren verstorbenen „Paps“ und fühlt sich zwischendurch „echt angeätzt“. Der spätpubertäre Prinz nennt den König „meinen Alten“, und Stiefmutter und Stiefschwester fachsimpeln beim Aufdonnern für den Ball über Push-Ups und Castings.

Einige ausgesprochen gute Ideen sind auch dabei. Schließlich ist es eher ein Kammermusical mit seinem achtköpfigen Ensemble und den vier ins Bühnenleben integrierten Musikern. Da sind (Stecken-)Pferd und Eule in Schattentheater-Zwischenspielen minimalistisch-gut aufgehoben (auch wenn diese Eule zum Steinerweichen kreischt und eher an Ronja Räubertochters Grausedruden erinnert). Dort verwandeln sich auch die berühmten Haselnüsse in Kleider. Statt eines Taubenschwarms kreisen weiße Tüllknäuel über den verschütteten Erbsen. Phantasie war auf jeden Fall eine gute Zutat dieser Inszenierung.

Vermutlich ist es eh am besten, wenn man sich bei einem solchen Projekt mit beherzten, großen Schritten vom Original löst. Nur konsequent, dass von der eigens angekündigten Original-Filmmusik nur Prisen eingestreut worden sind.

Das junge Ensemble, darunter viele Absolventen von Schauspiel- und Musikhochschulen, zeigte sich gut eingespielt mit passablen stimmlichen Leistungen. Die Intonation hätte an manchen Stellen besser sitzen dürfen, der Tontechniker meinte es auch nicht mit allen Akteuren gleich gut. Das Gesamtbild stimmte trotzdem – erfrischend und voll Spielfreude. Die vielleicht beste Partie lieferte Tanja Maria Froidl als Stiefmutter-Scheusal ab. Die Metzinger Märchenfreunde ließen sich zwischendurch etliche Gelegenheiten zum Szenenapplaus entgehen, am Ende aber klatschten sie ausgiebig.

Veröffentlicht wurde der Text im Reutlinger General-Anzeiger vom 31. Dezember 2013 (Paywall).