Schwaben-Kult aus der Mäulesmühle
Abhörskandal im Schwaben-Rathaus
Volles Haus und Lachtränen beim neuen Bühnenprogramm der Mundart-Komödianten »Hannes und der Bürgermeister« in der Reutlinger Stadthalle
Dass Mundart nicht automatisch bähmullig ist, den Beweis haben die Komödianten aus der Mäulesmühle schon vor Jahrzehnten angetreten. Seit den 1980er Jahren zerfen und zechen die beiden Kultfiguren »Hannes und der Bürgermeister« munter vor sich hin, auf den Bühnen des Landes und im Fernsehen. Mit ungebrochenem Erfolg: Auftritte sind meist Monate vorher ausverkauft. Auch die Reutlinger Stadthalle wurde am Montagabend voll, ebenso wie beim zweiten Termin am Dienstag.
Im wahren Leben haben sie vor einem halben Jahrhundert miteinander die Schulbank gedrückt, der Karlheinz Hartmann, den man als Bürgermeister kennt, und Albin Braig alias Hannes, der vom Vater die Leitung der Komedescheuer Mäulesmühle übernommen hat. In den 1970er-Jahren haben die beiden mit einem weiteren Freund ein Elektronik-Unternehmen gegründet. Darum kümmern sich seit 20 Jahren andere, denn mit ihren Zwei-Mann-Bühnenminiaturen haben sich „Hannes und der Bürgermeister“ unentbehrlich gemacht.
Es läuft und läuft und läuft, das alltägliche Klein-Klein in der staubigen Amtsstube zwischen Aktenschrank, Garderobenständer und der historischen Stadtansicht an der Wand. Einfach unnachahmlich, wie die beiden in jedem ihrer Sketche aus wohldosierten Info-Puzzleteilen aberwitzige Szenarien entstehen lassen. Wie sie dem Ganzen überraschende Wendungen verpassen, nebenbei Rituale und Running Gags zelebrieren (aber nie zu viel) und einen Mix aus zeitlosen und aktuellen Themen einbauen.
Diesmal: ein Abhörskandal im Rathaus, bei dem die NSA und alle Schlapphüte ihr Fett abbekommen. Hannes ist am Schlamassel nicht ganz unschuldig, denn für den einen oder anderen Freischnaps hat er einem Fremdling Dinge erzählt, die, wenn man schlechte Übersetzung schwäbisch-amerikanisch mit einrechnet, bombensicher ins Fahndungsvisier führen. Es geht auch um die Bemühungen des Ochsenwirtes, mit einem futuristischen Kaffee-Vollautomaten den besten Espresso der Stadt hinzubekommen. Da wird Hannes zum Versuchskaninchen und schwört nach drei Tagen und Nächten ohne Schlaf auf die Marke Lassfatza, gemahlen auf Stufe acht.
Die Ansprüche der Bürgermeistersgattin, die Endlichkeit des Lebens, Eitelkeiten im Umgang mit benachbarten Bürgermeistergrößen, all das bereiten das Dreamteam Braig und Hartmann mit ihrem gnitzen Humor und einem unnachahmlichen Sinn fürs richtige Pointen-Timing auf.
Immer mit dabei: „Herr Stumpfes Zieh und Zupf Kapelle“, vier skurrile Multi-Instrumentalisten, die in verschwäbischten Songversionen die Schließung eines Wirtshauses beklagen oder Carpe-Diem-Botschaften mehrstimmig unters Volk singen. Und damit die nötigen Verschnaufpausen schaffen, um sich zwischen zwei Sketchen die Lachtränen abzuwischen.
Veröffentlicht wurde der Text im Reutlinger General-Anzeiger vom 20. November 2013 (Paywall).