Volle Allgäu-Dröhnung mit Klüpfel & Kobr

Multimedial deftige Krimi-Show

Kommissar Kluftinger war mit seinen beiden Schöpfern Volker Klüpfel und Michael Kobr zu Gast in der Reutlinger Stadthalle

Regionale Krimis sind im letzten Jahrzehnt schwer in Mode gekommen. Zu den Zugpferden, die auch überregionalen Kultstatus erreicht haben, gehört der Kemptener Kommissar Kluftinger, hinter dem das Autorenduo Michael Kobr und Volker Klüpfel steht. Einst Lehrer und Journalist, sind sie mittlerweile Vollzeit im Kluftinger-Einsatz. Statt Lesungen veranstalten sie Klufti-Allgäu-Erlebnisabende, das selbsterfundene Genre heißt Litcomedy. Am Freitag stand die Reutlinger Stadthalle ganz im Zeichen von Kuhglocken, Misthaufen und anderen Klischees.

Das Publikum hatte zu tun. Muhen, Traktorengebrumm, Allgäuer Flüche, immer schön im Chor. Es war ihnen ein hörbares Vergnügen, den aus nah und fern angereisten Fans der Allgäuer Deftigkeit. Dass die Herren Klüpfel und Kobr sich permanent foppten und für schütteres Haar, Bierbauch und andere Alterserscheinungen anranzten, verbreitete Stimmung Marke Stammtisch mit gelegentlicher ironischer Brechung. In Reklame-Einblendungen ging es um Allgäuer Datingshows und um Partnervermittlung für tumbe Allgäuer Bauern, die lieber was mit ihrer Kuh haben. Zu dem Humor passt es, wenn Klüpfel mit der einen Hand auf einem Kinderspielzeug hupt und mit der anderen synchron seine Genitalen drückt.

Aber die beiden können mehr. Zwischendurch lesen sie dann doch mal aus den Krimi-Bänden. Sie bauen das Knirschen des frisch gekiesten Kirchplatzes ein und lassen ihrem Allgäuer Dialekt freien Lauf. Plötzlich wird der Klufti lebendig, mit seinem harten r und seinen eckigen Reaktionen – so viel Allgäu kann gedrucktes Schriftdeutsch einfach nie transportieren. Liebenswürdig, wie die beiden auf dem besonderen Konjunktiv herumreiten, den sonst nur Kinder beim Rollenspiel nutzen: Und dann wär i da, und du würdesch da liegen, und dann würd i da na laufa.

Wunderbar auch der Film, den die beiden auf einer Recherchereise gedreht haben: die Yoga-Messe München in ihrer ganzen esoterischen Eigenart. Weit und breit gab’s da nirgends ein Steakweckle.

Eine andere Reklame-Sequenz persifliert Apple und den Markenkult: Die Firma Äpfl bietet iSkratzer, will auch den iSprung erfunden haben und stellt jetzt den iMer vor. Ja, das Vermarkten liegt den beiden einfach. Sie tragen Klufti-T-Shirts, nach der Pause andere Motive als davor. Die kriegt man alle im beim Merchandising. Ebenso wie zwei Kluftinger-Brettspiele, diverse andere Klamotten, Taschen, ein Kluftinger-Kochbuch und noch ein Buch, das von den Lesereisen der beiden Autoren handelt. Wer selber mal reisen mag, kann im Allgäu diverse Klufti-Führungen zu den Schauplätzen buchen. Und hinterher Kässpatzen essen, natürlich.

Veröffentlicht wurde der Text im Reutlinger General-Anzeiger vom 28. Oktober 2013 (Paywall).