45 Jahre Musikgeschichte mit Foreigner

Die alten Hits aus der Jukebox

45 Jahre später: Foreigner versammeln ihre Fans auf dem Killesberg zur Retro-Sause

Was echt gut ist: wenn man sich als alternde Band eine Vorband gönnt, die Stimmung macht. Was vielleicht nicht ganz ideal ist: wenn die Vorband den Top-Act in den Schatten stellt. So passiert am Samstag auf dem Killesberg. Das ausverkaufte Areal der Freilichtbühne war voller Foreigner-Fans, als The Dead Daisies losbretterten und kurz mal zeigten, dass Hardrock Spaß macht. Tempo, Wumms, eingängige Melodien plus ein Sänger, der mal wie Aerosmiths „Dream on“ klang, mal nach Deep Purple. Ein Googeln später wunderte einen nichts mehr: Da vorn fetzte Glenn Hughes, Ex-Sänger von Deep Purple und Black Sabbath, knackige 70 Jahre jung. Danach konnte es eigentlich nur schlechter werden. Wurde es auch ein bisschen.

Die Herren von Foreigner starteten Punkt 20 Uhr mit alten Hits aus 45 Jahren Bandgeschichte und mit ungutem Sound. Höhen klirrten, Bässe waren derb betont, das wurde in den insgesamt 85 Foreigner-Minuten nicht viel besser. Der 61-jährige Kelly Hansen, der seit 2005 für Foreigner singt, sieht gegen Glenn Hughes tatsächlich etwas blass aus. Wobei alle beide das Repertoire der Rocker-Posen gut ausreizten, ebenso wie die Publikums-Liebesschwüre. Hansen geriet streckenweise ins Labern – ohne seine Exkurse wäre das Konzert nochmal 15 Minuten kürzer gewesen.

Aber klar, wer wegen Foreigner kommt, zelebriert die Zeitreise dann auch. Da waren zufriedene Pärchen zwischen 50 und 60, die aussahen, als wären sie mittags noch mit dem E-Bike unterwegs gewesen. Daneben einige über Rock fachsimpelnde Vater-Sohn-Gespanne. Viele hatten alte Wacken- oder Band-T-Shirts rausgekramt, so mancher auch das alte Ego. Dazu viele, viele Erinnerungen an „Juke Box Hero“, „Cold as Ice, „Urgent“, „Waiting für a Girl like you“, „That was Yesterday“.

Die Band hat einige dieser Hits am Samstag genüsslich ausgewalzt, andere sehr brav wiedergegeben. Beides wurde begrüßt und genossen von all denen, die sich einst dazu ver- oder entliebt, Stehblues getanzt, Haupt und Haare rhythmisch geschüttelt hatten. Mit den Zugaben kam sie dann, die heiß ersehnte, ikonische Moll-Ballade: „I want to know what Love is“ – wer das nicht kennt, hat wohl seit Jahrzehnten nie ein Radio benutzt. Die Fans am Samstag im Abendlicht erwiesen sich als absolut textsicher. Gelernt ist halt gelernt.

Veröffentlicht wurde der Text am 7. Juni 2022 im Reutlinger General-Anzeiger (Paywall)-

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