Nicht fluchen, wenn Kinder zuhören
Alte Familie, neue Familie und allerhand anderer Alltag: Kaya Yanar in der Porsche-Arena
Fernseh-Comedian Kaya Yanar ist Vater geworden. Da gibt es einiges zu lachen, zumindest wenn er die neuen Erkenntnisse auf der Bühne durch den Kakao zieht. Etwa 5300 Fans haben am Freitag in der Stuttgarter Porsche-Arena herzlich mitgelacht.
„Ich bin 49, ich geh auf die 70 zu“, im Publikum wissen viele, was er meint. Mit 49, zwei kleinen Kindern und der ersten eigenen Immobilie bietet Yanar den Leuten mehr Anknüpfungspunkte denn je. Ob es um Papierkrieg mit dem Bauamt seiner neuen schweizerischen Heimat geht oder um die Monate neben einer schwangeren Frau. Und ja, es ist nicht so schlau, als Papa daheim streng auf alle Schimpfworte zu verzichten und dann beim Autofahren zu vergessen, dass hinter einem jemand sitzt, der sehr gute Ohren hat und schnell lernt.
Kaya Yanar erlebt aber auch Dinge, die nicht alle in der Halle so oder ähnlich kennen. In diese Welt nimmt er einen mit. Das aktuelle Programm heißt „Fluch der Familie“ und erzählt davon, wie er seine Kindheit und Jugend erlebt hat – mit einem Elternpaar, dessen Ehe in der Türkei arrangiert worden war, bevor sie als junge Familie nach Deutschland gingen. Eltern, die sich nicht liebten, viel stritten, den Kindern nie Gute-Nacht-Geschichten vorlasen. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung für eine vierköpfige Familie. Haue vom Papa und viel Erziehung nach dem Motto „als ich in deinem Alter war“. Seine alte Familie sei schon eine Herausforderung gewesen, sagt Yanar. „Ich freue mich, dass meine Kinder es so viel besser haben.“
Es gibt trotzdem genug zum Lachen. Über Yanars heiß geliebte Mama, die einfach null Orientierungssinn hat, aber tödlich beleidigt ist, wenn man das nur andeutet. Man muss sich die empört-quiekige Stimme vorstellen, mit der Yanar seine Mutter nachahmt: „Orientierung kommt von Orient, wir haben den Scheiß erfunden!“ Man lacht über Mutter und Bruder, die, weil Mama gefahren ist, auf Ibiza bei der falschen Hochzeitsgesellschaft an der Bar stehen, während Kaya und die angehende Gattin zwei Kilometer weiter mit der Trauung warten. Über die beiden Unfälle, bei denen sich Kaya Yanar kurz hintereinander beide Füße schrottete und seither einen Stuhl auf der Bühne hat. Auch das gehört zu jenem Wissen, das das Altern mit sich bringt: Man kann auch Sprunggelenk-Bänder verpflanzen. Ja, von einem Organspender. Nein, vorher kennenlernen geht nicht.
Es gefällt ihm auf der Bühne, das spürt man. Er dreht Schleifen, ist keine Sekunde langweilig. Als ihn die Leute am Ende nicht gehen lassen wollen, versteht man umso besser, was er ganz am Anfang erzählt hat: Die Corona-Lockdowns seien für alle Live-Künstler schwierig gewesen, aber für Komiker die Höchststrafe. Sein Kumpel Bülent Ceylan wollte ihn überreden, auch im Autokino aufzutreten. „Aber wie kriegst du mit, dass die Leute lachen?“ „Die blinken, die hupen!“
Veröffentlicht wurde der Text am 13. März 2023 im Reutlinger General-Anzeiger (nur Print).