Roger Hodgson tut es immer noch

Super: Supertramp ohne Supertramp

Roger Hodgson genoss seine alten Hits in der Liederhalle

Die große Abschiedstournee ist gerade mal 35 Jahre her: Anno 1983 nahm Roger Hodgson seinen Hut. Der Brite verabschiedete sich von jener Band, die er mit gegründet hatte, der er Hits geschrieben hatte, deren penetrant-unverwechselbare Stimme er gewesen war: Supertramp. Damals Weltstars.

1983: Manche Musikhörer-Generationen erinnern sich noch an die Zeit, in der Musik in Vinyl gepresst nach Hause geholt wurde, wo man die Nadel des Plattenspielers beim ersten Hören trotz Aufregung sacht aufzusetzen versuchte und nach ein paar Liedern umdrehen musste. Alben hörte man damals noch am Stück. Mehrfach. Diese Vinyl-Erinnerer-Generationen (und wohl viele Auf-CD-Nochmalkäufer) waren es, die am Donnerstag den Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle nahezu komplett füllten, rund 2100 alte Freunde, die sich spürbar auf einen Abend mit dem 68-Jährigen freuten.

Und Roger Hodgson weiß, wofür man ihn liebt, er liebt es selbst ja auch. Mit „Take the long way home“ ging es los. Binnen zwei Stunden spielte er auch „Dreamer“, „Give a little bit“, den „Logical Song“, „Breakfast in America“ und „School“. Jeweils originalgetreu genug, um seinen Fans das wohlige Heimkommen in die vertraute Musik zu ermöglichen. Und lebendig genug, um dabei nicht wie eine verstaubte Jukebox zu wirken. Für etliche Songs hat er die Tempo-Schraube hochgedreht und dem Ganzen so mehr Druck verpasst. Auch der Schlagzeuger am Donnerstag sorgte für deutlich mehr Wumms als der Kollege auf alten Konserven. Tanzbar war das allemal. Über allem lag, unverwechselbar und von den Jahrzehnten erstaunlich unverändert, Hodgsons hoher Tenor.

Schnickschnack braucht er nicht

Mit 68 könnte man ja entspannt an irgendeinem Gewässer sitzen und sich an den Nachkommen freuen. Aber rentnern liegt Hodgson wohl weniger. Lieber wippte er im blütenweißen Anzug hinterm weißen Keyboard. Er wechselte munter zur Gitarre und an den Flügel, strahlte dabei. Im Hintergrund wurden ein paar seltsam sinnlose Miami-Vice-Palmen bunt ausgeleuchtet, mehr Schnickschnack war nicht. Die Band konnte sich hören lassen, allen voran der mit Saxophon, Mundharmonika, Tin Whistle, Melodica und Background-Gesang jonglierende Michael Ghegan. Immer wieder ließ Hodgson die Halle beleuchten, um seine Fans zu sehen. Er plauderte und lud zum Mitsingen ein. Und dazu, für zwei Stunden alle Sorgen vor der Halle zu lassen. Nicht arg originell – klang aber bei ihm weniger nach Schmus als bei anderen.

In den mittleren Block packte er ruhigere Songs plus Titel aus der Zeit nach Supertramp. Manchmal schimmerte Progressive Rock durch. Die Soli wurden länger, man begann in den endlosen Schleifen zu driften wie einst vorm Plattenspieler. Und kann es vielleicht sein, dass der Applaus zwischen den Songs länger anhält als die Songs selbst? Und wenn schon. So muss es doch sein.

Veröffentlich wurde der Text am 10. September 2018 im Reutlinger General-Anzeiger (nur Print).

Author Bio