Mockridges Humor-Labor

Drei Stunden im Humor-Labor

Everybody’s Bruder Luke Mockridge machte den Tübingern richtig Spaß

Grad wenn man denkt, dass einem die ganzen hiphopcoolen, grünschnäbeligen, selbsternannten Comedians gestohlen bleiben können, weil man sie beim Zappen kaum zwei Minuten erträgt (dabei leise grübelnd, ob man nun einfach zu alt ist für den neuen heißen Scheiß) – grad dann zappt man zu Luke Mockridge. Bleibt hängen, grinst, lehnt sich zurück. Mockridge versöhnt einen mit der Comedy-Generation u30 – die anderen können trotzdem gern wegbleiben. Er kam: Am Donnerstag war er in Tübingen im Sparkassen Carré, ausverkauft.

Für alle, die nicht wissen, wer Luke Mockridge ist: einer von sechs Söhnen von Bill Mockridge, 1991 bis 2015 in der Lindenstraße als Gatte von Mama Beimer. Mutter Margie Kinsky ist ebenfalls Schauspielerin und macht Kabarett. Luke, studierter Medienwissenschaftler, hat seit 2015 eine eigene wöchentliche Show bei Sat.1. Jüngst gab‘s den Deutschen Fernsehpreis: beste Moderation einer Unterhaltungssendung.

Am Donnerstag kam er leger in Jeans und Shirt. Und brachte Arbeit mit: Auf dem Piano platzierte er einen Computer, um reinzuspickeln oder Notizen zu machen. Er feilt am neuen Programm „Welcome to Luckyland“, Tübingen war als „Preview“ angekündigt, die rund 400 Gäste waren Testhörer im Humor-Labor.

Da ist auch noch was zu tun. Die Grundidee sei diesmal, mehr über die Welt, über Weltanschauung zu sprechen. „Mit offenen Augen rumlaufen“ empfiehlt er, am besten mit Kinderaugen, und „sehen, wie gut alles ist“. So weit, so putzig. Gipfelt leider nach knapp drei Stunden in der Formulierung, die Welt könne ja sein, wie sie wolle, sie sei doch gar nicht so schlimm, auch nicht das mit Trump, Putin und den ganzen Kriegen. – Ach, echt? Und da fragte man sich gerade, wo die niedrigen Wahlbeteiligungen herkommen. Wenn einem so viele junge Leute zuhören, ist das auch Verantwortung, Leichtfuß Luke!

Diese Idee findet sich im Mittelteil zum Glück kaum wieder. Da tut er weite Strecken, was er kann: mit dem Publikum spontan blödeln, einem Kind ein Ständchen singen, Familiengezänk ausbreiten, sich selbst zum Affen machen, Mario Barth verarschen (groß!) und am E-Piano mit allen Registern improvisieren. Zu jedem Sound gab’s passende Songzitate. Da glänzt er, gewinnt im Handstreich: mit lausbubenhafter Begeisterung und unaufhaltsamem Kichern über die eigenen Scherze. Das Publikum lag ihm zu Füßen. Zu Recht.

Veröffentlicht wurde der Text am 9. Februar 2019 im Reutlinger General-Anzeiger (Paywall).

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