Rebekka Bakken auf der Sudhaus-Waldbühne

Wenig überraschend

Sommerabend im Waldbiergarten: Rebekka Bakken stellt ihr neues Album mit Cover-Songs vor

Der Waldbiergarten im Tübinger Sudhaus ist genau genommen ein Problem. Diese Location ist so schön, dass sich Menschen auf der Bühne dort ganz schön anstrengen müssen, damit man sie überhaupt als das Highlight erlebt – und nicht einfach den Sommerabend, umringt von alten Bäumen, mit einem Grillen-Konzert vom Waldrand her und der Kunst der Kondensstreifen am pastellfarbenen Himmel.

Am Freitagabend ist Rebekka Bakken gegen diesen Naturzauber angetreten. Die Waldbühne und diese Sängerin passen gut zusammen – aber am Ende lag die 53-jährige Norwegerin hinten in der Wertung.

Es gab freundlichen Applaus aus den mit treuen Fans gut gefüllten Reihen, als Dank für eine solide Leistung. Aber verzaubert waren die wenigsten. Emotionaler Funkenflug oder Glücks-Gänsehaut waren auch eher rar.

„Always on my mind“ ist der Titel des neuesten, des zehnten Albums von Bakken. Sie singt darauf Lieder anderer Künstler – Lieder, die ihr viel bedeuten und die sie durchs Leben begleiten. Da sind Pop-Klassiker dabei wie „It must have been love“, „(Everything I do) I do it for you“, auch „Why“ von den Eurythmics. Das sang sie am Freitag, ebenso Peter Gabriels „Here comes the Flood“ und „Louisiana 1927“ von Randy Newman. Durchaus spannend, die alten Emotionen der vertrauten Songs so neu aufgeladen und eingefärbt zu hören. Da klappt es dann auch mal mit der Gänsehaut.

Die liegt eh näher, sooft Rebekka Bakken ihre so wandlungsfähige Stimme im Bereich des Gläsernen, Zerbrechlichen hält. Das macht sie – auch. Und dann noch ganz viel anderes. Insgesamt wirkt das zu sprunghaft, zu gewollt, zu manieriert. Man weiß ja nun schon lange, welche Tiefen und welches Tupfen, welche Kiekser und Knödler, welche rotzige Wildheit sie ihrer Stimme entlocken kann. Auch diesmal hatte sie die ganze Palette dabei, ohne dass man einmal wirklich überrascht gewesen wäre. Oder begeistert. (Und wo genau muss man Bescheid sagen, wenn man „Powder Room Collapse“ künftig wirklich nicht mehr hören will?)

Klar ist aber auch: Das ist Jammern auf einem hohen Niveau. Es war (na gut, auch dank der Waldbühne) ein gelungener Musikabend mit Rebekka Bakken und den vier freundlichen Herren dahinter. Man schmunzelte über ihr Geplauder zu Exfreunden und deren neuen Freundinnen, über Eltern, Schuhe, Shampoos. Wie mit einer Freundin. Man wippte, summte und wiegte sich auch mal, während sie vorn in ihrem wallenden Kaftan hypnotische Sequenzen zelebrierte. Als die letzte Zugabe verklungen war, übernahmen die Grillen wieder.

Veröffentlicht wurde der Text am 14. August 2023 im Reutlinger General-Anzeiger (Paywall).

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