Lesestoff

Chris de Burgh und die Frauen

Mehr als rot

Chris de Burgh kriegt mit 66 Jahren und gefälligen Songs die Liederhalle gleich zweimal voll. Und erweist sich als profunder Songwriter und Geschichtenerzähler

Ah, da sind sie schon. Hübsch hergerichtete Damen im Vorruhestandsalter, die feuerrote Satinblusen tragen. Selbst schuld, Mister de Burgh. Sie mussten mit ihrem Schmachtgeträller über eine »Lady in Red« ja unbedingt Millionen verdienen. Das nehmen die Verehrerinnen natürlich persönlich. In der fast ausverkauften Stuttgarter Liederhalle war Rot am Montagabend eine ziemlich simple Botschaft – und am Dienstagabend, als der Beethovensaal erneut fast ausverkauft war, sah es sicher kaum anders aus. Dabei ist das reichlich gemein, den armen Iren ständig auf dieses Liedchen zu reduzieren.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 29. April 2015

  • 29. April 2015

Ein Theaterstück über Helmut Palmer

Remstal-Rebellen-Revue

Das fast Unmögliche gewagt: Das LTT nähert sich der Figur Helmut Palmer mit einem Puppentheater an

Selten wurde im Vorfeld einer Theater-Premiere so viel getrommelt und diskutiert, zumindest diesen Aspekt hätte Helmut Palmer wohl gemocht: Das LTT hat ein Stück über ihn, den 2004 verstorbenen Vater des Tübinger Oberbürgermeisters gemacht. Helmut Palmer war bekannt als Remstalrebell und eine der sperrigsten und umstrittensten Persönlichkeiten Württembergs im letzten Jahrhundert. Einer, der über Jahrzehnte auf den Wochenmärkten der Region sein Obst verkaufte, auch in Reutlingen. Der sich für einen gesunden Obstbaumschnitt ebenso verkämpfte wie für sichere Straßen und gegen Plastiktüten. Der sich mit allen anlegte, bei rund 300 Wahlen im Land kandidierte, einen ewigen Privatkrieg gegen Behörden, gegen echte und vermeintliche Altnazis ausfocht und dafür teuer bezahlte. Kunstvoll Leben einhauchen muss man so einem Stoff nicht: Helmut Palmers Biografie ist ebenso schillernd wie tragisch. Das LTT (federführend: Regisseur Gernot Grünewald und Dramaturgin Kerstin Grübmeyer) goss aus dieser Fülle ein Puppentheater-Musical und etikettierte es als »Political«. Ein Kaleidoskop, für das fast ausschließlich Originaltexte von Palmer senior verarbeitet wurden. In Buxtehude wäre Vorab-Getrommel vielleicht nötig gewesen, in Tübingen waren die Premierenkarten schnell weg und massenhaft Journalisten da.

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  • 16. Februar 2015

Willy Astor beim Wörterverbasteln

»Happy wife, happy life«

Amüsiergarantie: Willy Astor war in der Stadthalle Reutlingen

»Ganz ehrlich: Reutlingen ist meine Lieblingsstadt«, bekannte Willy Astor am Freitagabend mit einem überaus ernst zu nehmenden Lächeln. Fast war man geneigt, es ihm zu glauben: Schließlich hat er sein Programm »Nachlachende Frohstoffe« bereits zum dritten Mal in Reutlingen dargebracht. Bei ungebrochen hoher Nachfrage und erneut unter maximalem Gelächter.

Reutlingen also. Und diese Stadthalle erst! »Schaut cool voll aus«, diagnostizierte Astor, der zuletzt im franz.K auftrat, und ließ Blicke schweifen bis ganz hinten oben. »Boah, ist das ein Monumentalbau. Musste das so hoch sein? Hatten die noch Material?«

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 26. Januar 2015

  • 26. Januar 2015

Götz Alsmann und die SWR Big Band

Schätzchen aus dem Archiv

Götz Alsmann war zu Gast in der Reutlinger Stadthalle, begleitet von der SWR Big Band und Klaus Hoffmann

Es war wie aus dem Rezeptbuch. Man nehme gut gekleidetes Publikum mit eher grauen Haaren und lasse es nach und nach in eine Halle schlendern. Füge eine Big Band hinzu, die mit gut sitzenden Anzügen und dem gebotenen Elan auf die Bühne geflitzt kommt. Setze ans Klavier einen Bandleader, der dem Publikum meist den Rücken zeigt und dennoch spüren lässt, dass über allem sein pfiffiges Augenzwinkern schwebt. Würze das Ganze dann mit einem Publikumsliebling, der Refrains liebevoll ins Mikrofon haucht und die Pausen mit Geplauder veredelt. Bei der Zubereitung kann die Anzahl der Mikrofonnutzer je nach Geschmack variiert werden.

Am Freitagabend in der Reutlinger Stadthalle waren es zwei: Götz Alsmann, der schon traditionell zum Jahresbeginn eine Konzertreise mit der SWR Big Band unternimmt, hat diesmal Klaus Hoffmann eingeladen. Sie sangen im Wechsel und erst in einer Zugabe gemeinsam.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 19. Januar 2015

  • 19. Januar 2015

Jan Josef Liefers, König der Herzen

Hauptsache Jan

Im Tatort der Gerichtsmediziner, im franz.K der Kassenschlager: Jan Josef Liefers macht mit seiner Band Radio Doria deutschen Poprock und glänzt als Sympathieträger

Wenn morgen der beliebteste Deutsche gewählt würde, sollte man auf ihn wetten: Jan Josef Liefers, jenen Schauspieler, der als Gerichtsmediziner Boerne im Tatort aus Münster mehr Zuschauer binden kann als so manches Fußballspiel. Ein gerade 50 gewordener Lausbub, der durch bemerkenswerte Echtheit und Glaubwürdigkeit auffällt, auch in seiner Promi-Ehe mit Anna Loos und bei allerhand politischen Äußerungen. Am Donnerstag war er in Reutlingen zu Gast. Selten war das franz.K so voll. Jan zieht. Jan singt auch. Schon lange, und mehr als ein Jahrzehnt mit derselben Band.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 6. Dezember 2014

  • 7. Dezember 2014

Ed Sheeran als Ein-Mann-Inferno

Ein Mann, eine Gitarre

Ed Sheeran steht ganz allein auf der Bühne der Porsche-Arena. Und bringt die Halle dennoch gründlich zum Wackeln

Es gibt sie noch, diese unauffälligen Typen in Jeans und Shirt, die sich eine Gitarre umhängen, kurz räuspern – und dann binnen Sekunden eine verzauberte Musik-Insel schaffen. Einer von ihnen hat es jetzt geschafft: Nach Pubs und Fußgängerzonen bespielt der 23-jährige Brite Ed Sheeran heute die großen Bühnen. Er sammelt Preise, sein Album war auf Platz 1, seine aktuelle Europa-Tour ist ausverkauft. Auch in Stuttgart hätte man am Samstag die Tickets teuer weiterverkaufen können: Vor der Porsche-Arena harrte eine Traube leer ausgegangener Fans aus und sang Sheeran-Songs, während drinnen kurz nach 21 Uhr das Betontragwerk zu beben begann.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 17. November 2014

  • 17. November 2014

Simon and Garfunkel wiederbelebt

Kratzige Stimme

Jan Plewka erobert Simon und Garfunkel

Jan Plewka taucht gern in fremde Musik ein. Der Sänger von Selig hat das vor Jahren schon mal mit Rio Reiser getan. Sein neues Programm heißt »Jan Plewka spielt Simon & Garfunkel«; am Samstag war er damit zu Gast im franz.K. Für Rio Reiser hatte Plewka genau den richtigen Tonfall, das ungestüm Laute, das rotzige Nölen, das berührende Bröckeln. Mit dem gläsernen Sound von Paul Simon und Art Garfunkel hingegen hat Plewkas Stimme ungefähr so viel zu tun wie Rumpelstilzchen mit der kleinen Meerjungfrau. Und da wäre auch noch die spannende Frage, wie einer allein eigentlich Duett singen will.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 11. November 2014

  • 12. November 2014

Judith Holofernes ziemlich solo

Judith und die neuen Helden

Die Sängerin von »Wir sind Helden« macht auf Solo-Tournee im enttäuschend schlecht besuchten franz.K Halt

Keine Chance. Man kann einfach nicht zu einem Konzert von Judith Holofernes gehen, ohne zu vergleichen. Denn Judith Holofernes war zwölf Jahre lang die Stimme der Band »Wir sind Helden« und auch für deren Texte und Botschaften zuständig. Klingt ihr neues Solo-Projekt genauso? Wie macht sie sich allein im Rampenlicht? Wird man die Helden-Band vermissen? Dafür haben sich am Dienstagabend erstaunlich wenige Leute interessiert. Nur rund 150 Tickets wurden verkauft für das Holofernes-Konzert im Reutlinger franz.K. Damit es im Club nicht gar so luftig wirkte, blieb die Tribüne geschlossen und der hintere Teil des Saals abgetrennt.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 16. Oktober 2014

  • 16. Oktober 2014

Ein Tatort-Gesicht in Tübingen

Axel, sing noch eins!

Als Kommissar Thiel ist Axel Prahl vielen TV-Guckern bekannt. Dass er ein guter Typ ist, ahnte man. Dass er auch gute Musik macht, war jetzt im Sudhaus zu hören

Axel Prahl ist einer der beliebtesten Tatort-Ermittler der Republik, aber weder groß noch schlank. Das dürfte auch in seiner Jugendblüte nicht viel anders gewesen sein. Zum Frauen-Rumkriegen brachte er sich einst das Gitarrespielen bei. Wenig erfolgreich, wie er am Samstagabend im Biergarten des Tübinger Sudhauses verriet: Am Lagerfeuer waren alle anderen längst am Knutschen, zu ihm sagten sie immer nur: Axel, komm, sing doch noch eins! Inzwischen ist der Mann alt und erfolgreich genug, um zu tun, was ihm Freude macht. Musikmachen gehört offenkundig dazu, schließlich war er in jungen Jahren auch schon zeitweise als Straßenmusiker und mit Band zugange. Und so bereist der 54-Jährige gerade Deutschland, mit einem Seebärenbart im Gesicht und einer Band namens Inselorchester im Schlepptau.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 4. August 2014

  • 4. August 2014

The BossHoss geben sich knauserig

Nach eineinhalb Stunden ist Sense

The BossHoss gelten als Live-Kracher. Das hat sich in Balingen bestätigt. Blöd nur, wenn es mit Pfiffen endet

Yeee-haw! Der Balinger Marktplatz wurde am Freitagabend zur Partymeile für echte Kerle und für Frauen, die auf echte Kerle stehen: Cowboyhüte, massive Stiefel und karierte Baumwolle an allen Ecken. Offenbar war’s auch ein guter Termin, um mal die Tattoos genüsslich spazieren zu tragen. Zum Konzert von The BossHoss waren rund 5 000 Fans gekommen, die meisten von weiter her, der Marktplatz war längst ausverkauft. Und die Erwartung hoch: Erst vor wenigen Wochen hat die Berliner Band einen Preis bekommen. »The BossHoss gewinnen World Music Award als Best Live Act«, jubelte das Management im schönsten Denglisch. Zudem ist einer der beiden Bandköpfe, Sascha Vollmer, ursprünglich Schwabe von der Ostalb, das hätte ein feines Fast-Heimspiel werden können.

Den Artikel weiterlesen im Reutlinger General-Anzeiger vom 30. Juni 2014

  • 30. Juni 2014
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